Die Versicherungspflicht selbstständiger Lehrer und Erzieher – ein Thema, dass in der Fach- und Sozialgerichtswelt „durchentschieden“ erscheint (das letzte Verfahren vor dem Bundessozialgericht war in 2007), jedoch in der Bevölkerung weithin unbekannt ist.
Die Begriffe Selbstständigkeit und Versicherungspflicht scheinen ein Widerspruch in sich zu sein. Auch wird der Begriff der Versicherungspflicht oft mit einem gewissen Automatismus in Verbindung gebracht. Dem abhängig Beschäftigten wird bei Versicherungspflicht der Beitrag automatisch vom Entgelt abgezogen. Der Nachweis der Haftpflichtversicherung ist Voaussetzung für die Zulassung des neuen Autos. Wenn nicht automatisch etwas abgezogen wird oder ich nicht aufgefordert werde, etwas zu tun oder lassen, kann ja auch keine Pflicht vorliegen.
Die Konsequenzen dieser Überlegung können existenzvernichtend sein. Mit entsprechendem Einkommen kann der Forderungsbetrag der Rentenversicherung für den Verjährungszeitraum von 4 Jahren bis zu 52.500.- € betragen.
Dabei hatte der Gesetzgeber ein durchaus nobles Motiv. Er wollte Personengruppen, die er als besonders schutzbedürftig ansah, durch eine Versicherungspflicht vor späterer Altersarmut bewahren. § 2 Sozialgesetzbuch VI benennt diese Personengruppen selbstständig Tätiger. Darunter befinden sich, als Nr. 1, die
„Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen“.
Gemeint sind hier nicht Lehrer, die normalerweise an unseren Schulen lehren. Diese stehen in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen und unterliegen der Versicherungspflicht als Arbeitnehmer (verbeamtete Lehrer ausgenommen). Gemeint ist der selbstständige Honorardozent, der Klavierlehrer, die Aerobic- Trainerin, der Yoga-Guru, der Nachhilfelehrer für Mathematik oder auch der ungelernte Dozent für Kartoffelstempelgrafik.
Der Begriff des Lehrers ist sehr weit gefasst und umfasst jede Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, gleich auf welchem Gebiet. Besondere Anforderungen sind weder an die Vorkenntnisse des Lehrers, seine pädagogischen Fähigkeiten oder die Art der Vermittlung noch an die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten zu stellen.
Es ist auch unerheblich, ob die Tätigkeit als selbstständiger Lehrer nur nebenberuflich und parallel zu einer „normalen“ versicherungspflichtigen Beschäftigung oder auch zu einer Beamtentätigkeit ausgeübt wird. Sie unterliegt trotzdem der Versicherungspflicht.
Wer sich näher mit den Gerichtsverfahren zu dieser Problematik beschäftigt, kann feststellen, dass sich selbstständige Lehrer, die sich gegen die Feststellung ihrer Versicherungspflicht wehren, oftmals um Kopf und Kragen reden. Während nach allen Regeln der Kunst versucht wird, eine lehrende Tätigkeit zu verneinen, schlittern sie geradewegs in eine der nächsten Versicherungspflichttatbestände für Selbstständige: den arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen mit nur einem Auftraggeber gemäß § 2 Satz 1 Nr.9 SGB VI.
Nur eine frühe und kompetente Beratung kann Gestaltungsmöglichkeiten und Lösungswege aufzeigen:
- Lohnt sich die Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers?
- Ist alternativ eventuell eine Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung möglich?
- Sollten die Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit auf eine nur geringfügige Höhe beschränkt werden?
- Erweist sich die Versicherungspflicht eventuell aufgrund der Absicherung für den Erwerbsminderungsfall, die Erfüllung der Wartezeit oder den Anspruch auf Riesterförderung doch als sinnvoll?
- Ist die zu Beginn der Selbstständigkeit für drei Jahre mögliche Option des lediglich halben Regelbeitrages eventuell günstiger als die Ungewissheit der späteren Erfassung durch die Rentenversicherung (z.B. durch Betriebsprüfung) mit der Folge der Heranziehung nach dem tatsächlichen vollen Einkommen?
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