Ehegatten können gemeinsam bestimmen, dass die von ihnen in der Ehe erworbenen Ansprüche auf eine anpassungsfähige Rente zwischen ihnen aufgeteilt werden.
So lautet der erste Absatz der zum 01.01.2002 neu eingeführten Vorschrift des § 120a SGB VI. Es handelt sich quasi um einen …
„Versorgungsausgleich ohne Scheidung“.
Die vollständige gesetzliche Regelung (müssen Sie jetzt nicht lesen) ist leider etwas umfangreicher und führt nicht sogleich zum Durchblick :
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§ 120a SGB VI Grundsätze für das Rentensplitting unter Ehegatten
(1) Ehegatten können gemeinsam bestimmen, dass die von ihnen in der Ehe erworbenen Ansprüche auf eine anpassungsfähige Rente zwischen ihnen aufgeteilt werden (Rentensplitting unter Ehegatten).
(2) Die Durchführung des Rentensplittings unter Ehegatten ist zulässig, wenn
1. die Ehe nach dem 31. Dezember 2001 geschlossen worden ist oder
2. die Ehe am 31. Dezember 2001 bestand und beide Ehegatten nach dem 1. Januar 1962 geboren sind.
(3) Anspruch auf Durchführung des Rentensplittings unter Ehegatten besteht, wenn
1. erstmalig beide Ehegatten Anspruch auf Leistung einer Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben oder
2. erstmalig ein Ehegatte Anspruch auf Leistung einer Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der andere Ehegatte die Regelaltersgrenze erreicht hat oder
3. ein Ehegatte verstirbt, bevor die Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 vorliegen. In diesem Fall kann der überlebende Ehegatte das Rentensplitting unter Ehegatten allein herbeiführen.
(4) Anspruch auf Durchführung des Rentensplittings unter Ehegatten besteht nur, wenn am Ende der Splittingzeit
1. in den Fällen von Absatz 3 Nr. 1 und 2 bei beiden Ehegatten und
2. im Fall von Absatz 3 Nr. 3 beim überlebenden Ehegatten
25 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sind. Im Fall von Satz 1 Nr. 2 gilt als rentenrechtliche Zeit auch die Zeit vom Zeitpunkt des Todes des verstorbenen Ehegatten bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze des überlebenden Ehegatten in dem Verhältnis, in dem die Kalendermonate an rentenrechtlichen Zeiten des überlebenden Ehegatten in der Zeit von seinem vollendeten 17. Lebensjahr bis zum Tod des verstorbenen Ehegatten zu allen Kalendermonaten in dieser Zeit stehen.
(5) Anspruch auf Durchführung des Rentensplittings unter Ehegatten besteht nicht, wenn der überlebende Ehegatte eine Rentenabfindung erhalten hat.
(6) Der Anspruch auf Durchführung des Rentensplittings unter Ehegatten besteht für die Zeit vom Beginn des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist, bis zum Ende des Monats, in dem der Anspruch entstanden ist (Splittingzeit). Entsteht der Anspruch auf Durchführung des Rentensplittings unter Ehegatten durch Leistung einer Vollrente wegen Alters, endet die Splittingzeit mit dem Ende des Monats vor Leistungsbeginn.
(7) Die Höhe der Ansprüche richtet sich nach den Entgeltpunkten der Ehegatten, getrennt nach
1. Entgeltpunkten der allgemeinen Rentenversicherung und
2. Entgeltpunkten der knappschaftlichen Rentenversicherung,
die mit demselben aktuellen Rentenwert für die Berechnung einer Rente zu vervielfältigen sind. Der Ehegatte mit der jeweils niedrigeren Summe solcher Entgeltpunkte hat Anspruch auf Übertragung der Hälfte des Unterschieds zwischen den gleichartigen Entgeltpunkten der Ehegatten (Einzelsplitting).
(8) Besteht zwischen den jeweiligen Summen aller Entgeltpunkte der Ehegatten in der Splittingzeit ein Unterschied, ergibt sich für den Ehegatten mit der niedrigeren Summe aller Entgeltpunkte ein Zuwachs an Entgeltpunkten in Höhe der Hälfte des Unterschieds zwischen der Summe aller Entgeltpunkte für den Ehegatten mit der höheren Summe an Entgeltpunkten und der Summe an Entgeltpunkten des anderen Ehegatten (Splittingzuwachs).
(9) Das Rentensplitting unter Ehegatten ist durchgeführt, wenn die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über das Rentensplitting
1. in den Fällen von Absatz 3 Nr. 1 und 2 für beide Ehegatten und
2. im Fall von Absatz 3 Nr. 3 für den überlebenden Ehegatten
unanfechtbar geworden ist.
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Zwischen den Zeilen dieser Vorschrift versteckt sich das Ende der klassischen Witwenrente.
Der Gesetzgeber hat – zu Recht – erkannt oder ist der Auffassung, dass die früher dominierende Aufgabenteilung zwischen Ehepartnern (Mann arbeitet, Frau macht den Haushalt und kümmert sich um die Kinder) überholt ist. Ehefrauen gehen einer Beschäftigung nach und erwerben eigene Rentenansprüche. Der Absicherung durch die klassische Witwenrente, im Falle des Todes des Ehegatten, bedarf es – jedenfalls aus Fürsorgegesichtspunkten – nicht mehr. In diesem Lichte sind auch die zeitgleich zum 01.01.2002 eingeführten Verschlechterungen bei den Witwenrenten zu sehen:
- Absenkung der Anspruchshöhe von 60 auf 55 %
- Zeitliche Begrenzung der Bezugsdauer einer „kleinen“ Witwenrente auf 24 Monate
- Berücksichtigung auch von Vermögenseinkommen bei der Einkommensanrechnung
Die klassische Witwenrente, wie wir sie von unseren Eltern oder Großeltern kennen, wird zum Auslaufmodell, das irgendwann für die nach 1962 geborenen Jahrgänge abgeschafft werden könnte. Es macht Sinn, sich mit dem „Rentensplitting“ zu beschäftigen. Für wen kann diese Regelung schon heute interessant sein? Ein Beispiel:
Andreas (50, Industriekaufmann) und Angela (45, Rechtsanwaltsgehilfin) gaben sich 1995 das Ja-Wort. Andreas verstirbt 2013 bei einem Autounfall. Beiden waren während der Ehezeit von 1995 – 2013 durchgehend beschäftigt. Andreas hatte während der 18-jährigen Ehezeit 34 Entgeltpunkte erworben, Angela 19 Entgeltpunkte. Angela verdient derzeit als Reno ca. 32.000 € jährlich.
Es wird die „klassische Witwenrente“ beantragt:
Angela hat das 47. Lebensjahr noch nicht vollendet. Es besteht nur Anspruch auf die „kleine Witwenrente“. Diese beläuft sich auf 25 % des Rentenanspruchs ihres verstorbenen Ehegattens. Das eigene Einkommen von Angela übersteigt jedoch bei weitem die zulässige Hinzuverdienstgrenze von derzeit 741,05 € (neue Bundesländer 657,89 €).
Ergebnis: Nach der Zahlung der Witwenrente für das sogenannte Sterbevierteljahr, ruht der Zahlungsanspruch, aufgrund ihres eigenen Einkommens, in voller Höhe. Sollte Angela wieder heiraten, entfällt der Witwenrentenanspruch vollständig.
Es wird Rentensplitting beantragt:
Angela möchte auch nach dem Tod ihres Mannes weiter erwerbstätig sein. Auch kann sie sich mit 45 Jahren vorstellen, vielleicht später noch einmal zu heiraten. Anstatt (bis auf das Sterbevierteljahr) ohnehin keinen Anspruch auf eine Zahlung der Witwenrente zu haben, wählt sie das Rentensplitting.
Die Eheleute haben gemeinsam in der Ehezeit 53 (34 + 19) Entgeltpunkte erworben. Diese Punkte werden geteilt (53 / 2 = 26,5 Entgeltpunkte) und Angela wird aus dem Rentenkonto ihres verstorbenen Gatten 7,5 Entgeltpunkte für ihren eigenen Rentenanspruch übertragen erhalten. Nach heutigem Stand verbessert sie damit ihre eigene (spätere) Rentenhöhe um 210,53 €. Dieser Anspruch geht ihr auch nicht verloren, sollte sie wieder heiraten.
Nicht für jeden ist das Rentensplitting geeignet und auch aufgrund verschiedener Anspruchsvoraussetzungen nicht für jeden zulässig. Umso höher ist das Bedürfnis nach Aufklärung und Beratung, insbesondere kurz nach dem Verlust eines geliebten Menschen.
Rentenberater stellen sich sensibel dieser Herausforderung.
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Joachim Scholtz, Rentenberater