Sie sind keine eierlegenden Wollmilchsäue, sondern Spezialisten auf ihren Rechtsgebieten.
Steuer- und Rentenberater
Beide Berufe zeichnen sich dadurch aus, dass eine Zulassung erst nach vielen Jahren der einschlägigen beruflichen Praxis erworben werden kann (§ 36 StBerG, § 12 RDG). Die langjährige berufliche Tätigkeit in ihren Fachgebieten, die Kenntnis der Lebenswirklichkeit fernab akademischer Theorie, hat für den einzelnen Berater und seine Mandanten sowohl positive als auch – auf den ersten Blick – negative Auswirkungen.
Positiv ist das Spezialwissen auf dem jeweiligen Rechtsgebiet festzustellen.
Negativ ist festzustellen, dass hier keine Generalisten am Werke sind. Über den Tellerrand der eigenen Fachkunde reichendes Spezialwissen muss von Dritten eingefordert werden.
Aber, ist dies wirklich ein negativer Punkt?
Das Sozialgericht Aachen (S 6 R 217/08) und nachfolgend das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (L 8 R 319/10) haben entschieden, dass durch Steuerberater das sozialrechtliche Statusfeststellungsverfahren (Anfrageverfahren gem. § 7a SGB IV) vor der Deutschen Rentenversicherung nicht betrieben werden darf.
Obgleich in letzter Entscheidung eine Revision vor dem Bundessozialgericht nicht zugelassen wurde, sind weitere Rechtsmittel (Revisionsnichtzulassungsbeschwerde) eingelegt worden. Macht es für die Kollegen Steuerberater und deren Mandanten wirklich Sinn, bis „aufs Blut“ um die Zulassung zu diesem sozialrechtlichen Verfahren zu streiten? Aus meiner Sicht und aus Sicht der Haftpflichtversicherer nicht.
Wer lässt in seinem Haus die Elektroinstallation vom Maurer vornehmen?
Nicht das Anbieten aller Facetten der Rechtsberatung, sondern das gezielte Erkennen eigener Stärken und Schwächen und die daraus resultierende Heranziehung eventuell auch weiterer Spezialisten, werden von unserer heutigen anspruchsvollen Mandantschaft erwartet. Diese Mandantschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie eben nicht auf gegoogelt Halbwissen oder ehrenamtliche Beratungsstellen zurückgreifen möchten, sondern für ihr Geld kompetente Beratung und Vertretung sucht.
Aus diesem Grund erkenne ich für mich als Rentenberater keinen Nachteil, dass meine Rechtsberatungsbefugnis nicht über den Bereich des Sozialrechts hinaus gilt. Die Konzentration auf den eigenen Kompetenzbereich muss für Steuer- und Rentenberater nicht zu wirtschaftlichen Verlusten führen.
In beiden Berufsgruppen mit eingeschränkter Vertretungsbefugnis besteht regelmäßig die unterschwellige Angst, Mandanten an die allumfassend vertretungsberechtigten Kollegen aus der Rechtsanwaltschaft zu verlieren. Lieber selber machen, als den Mandanten an einen Kollegen zu verweisen – und eventuell zu verlieren. Angesichts der Konkurrenz unter ca. 87.000 Steuerberatern und 156.000 Rechtsanwälten in der Bundesrepublik kein zu unterschätzendes Thema.
Kein Thema jedoch in der Zusammenarbeit zwischen Steuerberatern und dem kleinen Kreis der ca. 800 registrierten Rentenberater. Jeder ist sich seiner eigenen Stärken und Berechtigungen bewusst und kann konzentriertes Spezialwissen zum Wohle der Mandantschaft einsetzen.
Ein „Ich kenn da einen Steuerberater“ oder „Ich kenn da einen Rentenberater“ ist jedoch als Form der Zusammenarbeit ungenügend. Die Schwierigkeit von uns Rechtsberatern besteht ja gerade darin, auch die von den Mandanten nicht gestellten Fragen aufzuwerfen und rechtsgestalterisch tätig zu werden. Die rechtlichen Probleme und Gestaltungsmöglichkeiten sind jedoch nur dann zu erkennen, wenn auch regelmäßig Interesse für die Arbeit des Kollegens aus dem anderen Rechtsbereich gezeigt wird.
Daher der Aufruf eines Rentenberaters an die Kollegen der Steuerberaterzunft:
Lasst uns zusammenrücken und zusammenarbeiten, und über die Facharbeitsgruppen unserer Berufsverbände neue Formen der Kooperation und Weiterbildung finden.